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über seinem Kopf, und er erstarrte. Ger-
äusche waren auf einem Schiff nichts
Ungewöhnliches. Das Knarzen der Takelage,
der knirschende Rumpf, das Klacken der Se-
gel, tappende Füße ... Ungewöhnlich hinge-
gen war das Geräusch eines aufschlagenden
Körpers mitten in der Nacht. Alarmiert griff
Hicks nach seinem Entermesser, das in
Reichweite lag, und setzte sich auf. In
seinem Nacken kribbelte es verdächtig. Sein
Instinkt sagte ihm, dass Tom und er im
Laderaum nicht mehr allein waren.
Er spitzte die Ohren, seine Sinne waren
geschärft. Als Tom neben ihm ein kleines
Seufzen von sich gab, drückte er dem Jungen
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seine freie Hand auf den Mund. Dieser zap-
pelte kurz, dann riss er die Augen auf. Die
beiden wechselten einen stummen Blick, und
Tom begriff. Hicks wies ihn an, leise zu sein,
bevor er zum Eingang schlich. Hinter einer
Kiste ging er in Deckung und lugte um die
Ecke. Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen!
Keine zwei Meter entfernt stand ein mächti-
ger Schatten, der beinahe den gesamten
Eingang ausfüllte. Hicks griff nach der Klin-
genspitze seines Messers und hob den Arm,
um es bogenförmig nach vorne zu werfen, als
im schwachen Licht etwas schimmerte. Ein
Ohrring. Hicks verharrte mitten in der Bewe-
gung, kniff die Augen zusammen, um besser
sehen zu können. Da bewegte sich der Schat-
ten etwas, so dass das Licht auf ein Teil des
Gesichts fiel. Erleichtert senkte Hicks den
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Arm. Es war Hassan. Der schwarze Hüne lief
auf ihn zu, wie stets trug er Weste und Knie-
hose, und begann hektisch zu gestikulieren.
Hicks brach der kalte Schweiß aus, er nickte
und ging zurück zu Tom, der ihm mit großen
Augen entgegenstarrte.
„Zieh dich schnell an“, befahl Hicks leise.
„Wie’s aussieht, wurden wir geentert.“
Nachdem sich Hicks und Tom wieder an-
gezogen hatten, schlichen sie mit Hassan aus
dem Laderaum. Von oben waren kaum Laute
zu hören. Wer immer die Angreifer waren,
sie gingen leise und methodisch vor. Als
Hicks Anstalten machte, die Treppe nach
oben zu nehmen, hielt ihn Hassan zurück
und schüttelte den Kopf. Hicks nickte zum
Zeichen, dass er verstanden hatte, bestand
aber darauf, einen Blick zu riskieren. Auf
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Zehenspitzen ging er bis zur Hälfte der
Treppe und streckte den Kopf vorsichtig
nach oben. Was er sah, ließ ihm das Blut in
den Adern gefrieren. Auf dem Deck wim-
melte es von spanischen Marinesoldaten,
und Hicks zählte mindestens ein Dutzend
Leichen. Alles Mannschaftskameraden. Ein
Leutnant in einer prächtigen, wenn auch
blutgetränkten Uniform war gerade dabei,
Schusswaffen an seine Männer zu verteilen.
Hastig zog Hicks den Kopf wieder ein. Fra-
gend blickte er zu Hassan hinüber. Der
zeigte auf die Falltür, die zur Vorpiek führte.
„Da rein?“, flüsterte Hicks ungläubig.
Hassan nickte.
„Und dann?“
Durch einige Handzeichen gab ihm Hassan
zu verstehen, dass sie durch die Notluke in
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der Vorpiek nach draußen schlüpfen kon-
nten, durch die man normalerweise das
Wasser abließ.
„Wir wären unter der Wasseroberfläche“,
flüsterte Tom. Seine Augen waren angstge-
weitet. „Ich kann nicht schwimmen.“
„Ich fürchte, uns bleibt nichts anderes
übrig“, wisperte Hicks. „Oben können wir
nicht entkommen. Sie sind weit in der
Überzahl, und Hassan meinte, dass sie schon
den Großteil unserer Männer getötet haben.“
Ein bitterer Geschmack breitete sich in
seinem Mund aus. „In ihren Hängematten.
Diese Schweine!“
„Aber wir müssen den anderen doch
helfen!“, murmelte Tom verzweifelt. An-
scheinend zog er den Tod durch den Degen
dem Ertrinken vor.
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„Ich fürchte, dafür ist es zu spät, Junge“,
antwortete Hicks mit belegter Stimme. „Wir
müssen jetzt zusehen, dass wir unsere Haut
retten.“
Hassan öffnete die Falltür zur Vorpiek, die
in der Stille überlaut knarzte. Hicks fluchte.
„Wir müssen uns beeilen“, zischte er. „Tom,
du gehst als erster!“
Der Junge kletterte die morsche Leiter hin-
ab, dann folgte Hassan. Gerade als Hicks
ihnen folgen wollte, stürzte einer der Mar-
inesoldaten die Treppe hinunter. In der
Hand hielt er einen blutigen Degen. Er
zögerte nicht eine Sekunde und griff Hicks
direkt an, beschrieb mit dem Arm einen Bo-
gen, um dessen Kehle aufzuschlitzen, doch
zum Glück war er zu langsam. Geschickt
duckte sich Hicks unter dem Hieb hinweg,
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drehte sich einmal um die eigene Achse und
stach seinem Gegner das Messer direkt ins
Herz. Verwundert starrte ihn der Mann an,
sein Degen fiel polternd zu Boden, und er
sackte in sich zusammen. Ohne ihn eines
weiteren Blickes zu würdigen, rannte Hicks
zum offenen Durchgang im Boden, wo seine
Kameraden verschwunden waren, schlüpfte
hindurch und schloss die Falltür hinter sich.
In der Vorpiek stank es wie die Hölle, die
schwappende
Brühe
voller
Ratten
und
Exkremente reichte bis zu den Knien. Er
hörte, wie Tom würgte.
„Schnell! Wir müssen uns beeilen!“, rief
Hicks. „In Kürze wimmelt es hier unten von
spanischen Soldaten!“
Tom war kreidebleich, in seinen Augen las
Hicks nackte Panik.
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„Es wird alles gut gehen, Junge“, versuchte
er, ihn zu beruhigen. „Halt die Luft an, ich
ziehe dich an die Oberfläche. Verstehst du
mich?“
Tom nickte tapfer, dennoch konnte er nicht
verhindern, dass seine Unterlippe zitterte.
„Wir überleben das“, murmelte Hicks und
drückte sanft seinen Arm.
Am liebsten hätte er ihn geküsst, doch es
wäre in Hassans Gegenwart unangebracht
gewesen. Obwohl Liebe zwischen Männern
auf Schiffen ein offenes Geheimnis war, re-
dete man nicht darüber oder stellte gar seine
Gefühle zur Schau. Die drei blickten sich an,
dann riss Hassan die Luke auf. Sofort
drängte Wasser hinein und begann die
Vorpiek zu fluten.
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„Los!“, schrie Hicks, und sie stürzten sich
ins Meer.
Während Hassan mit kräftigen Sch-
wimmstößen an die Oberfläche schwamm,
zog Hicks Tom hinter sich her. Das Wasser
war angenehm warm, dennoch kostete es
ihm viel Mühe mit seiner menschlichen
Fracht an die Oberfläche zu gelangen. Oben
angekommen japste er nach Luft, kurz
danach stieß auch Toms Kopf durchs Wass-
er. Hicks orientierte sich. Zum Glück befand [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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