[ Pobierz całość w formacie PDF ]

- 76 -
hier war? Es schien ihr unglaublich, ja schier unmöglich, und doch wurde
sie das sichere Gefühl nicht los, daß die tote Eule eine unmißverständliche
Warnung darstellte.
Hatte Victor sie schließlich doch hier aufgestöbert? Oder haßte sie
jemand, aus der Reservation so sehr, daß er alles daransetzte, sie zu
vertreiben? Wollte man ihr solche Angst einjagen, daß ihre Beine
unter den Arm nahm und wegrannte, so schnell sie konnte? Wer
konnte das sein? Sie lachte grimmig auf. Ellen natürlich. Oder -
welch schrecklicher Gedanke - Jericho womöglich?
Nein. Sie schüttelte den Kopf und preßte ihre Fingerspitzen gegen ihre
Schläfen, die begonnen hatten zu hämmern. Jericho konnte es nicht
gewesen sein. Er hatte drei Tage lang der Zeremonie.
beigewohnt. Außerdem pflegte er seine Meinungsäußerungen nicht
durch die Blume kundzutun. Hatte er es ihr doch bereits bei ihrer
Ankunft direkt ins Gesicht gesagt, daß sie hier nicht erwünscht war.
Nein, Jericho würde gewiß nicht zu einem solch kindischen Mittel
greifen, das war nicht sein Stil.
Die Morgenröte überzog den lavendelblauen Himmel mit blassen
pinkfarbenen Schlieren, als Jericho seinen Landrover vor Ellens
Wohnwagen zum Halten brachte. Ungeduldig drückte er zweimal auf
die Hupe. Es dauerte nicht lange, und Ellen steckte ihren Kopf aus der
einen spaltbreit geöffneten Tür. Wenig später kam sie verschlafen zu
ihm heraus.
 Was ist?
 Ich fahre zur Klinik. Wenn du mitfahren willst, mußt du ein bißchen
Gas geben , sagte er kurzangebunden.
Er wirkte angespannt. Ellen schien nicht gerade erfreut.  Warum die
Eile?
Jericho hatte keine große Lust, sich mit langen Erklärungen
aufzuhalten, aber ihm war auch bewußt, daß er Ellen eine
Begründung schuldig war.  Ich habe ein ungutes Gefühl , bequemte
er sich schließlich hinzuzufügen.
Ellens Gesichtsausdruck veränderte sich.  Wegen der Anglo-Ärztin.
 Richtig.
 Warum? brach es aus ihr plötzlich heraus.  Warum tust du dir das an?
- 77 -
Hast du noch nicht genug vom letztenmal? Er sah sie nicht an.
 Jericho! Um Himmels willen! Die Sache mit Anelle hat dich fast
umgebracht. Hast du denn daraus überhaupt nichts gelernt?
 Doch - auf meinen Bauch zu vertrauen. Es war zwar ein mühsamer
Lernprozeß gewesen, aber immerhin, er hatte es gelernt. Wenn er
damals auf seine innere Stimme gehört hätte, wäre er niemals auf
die Idee verfallen, Anelle das Leben in der Reservation zuzumuten.
Diesen Fehler würde er nicht noch einmal begehen. Und im Moment
sagte ihm diese innere Stimme, daß in der Klinik etwas nicht stimmte.
Was auch immer es war, er mußte sich beeilen.
Er legte den Gang ein zum Zeichen, daß er die Diskussion für
beendet hielt.
 Okay , willigte Ellen nun ein.  Gib mir fünf Minuten. Ich muß nur
noch schnell duschen.
 Dusch bei ihr, wenn wir in der Klinik sind.
 Lieber würde ich sterben.
 Wenn du so stur bist wie im Moment, bist du ein echtes Herzchen.
 Da brauchst du nur in den Spiegel zu schauen , schnappte sie
und beeilte sich, wieder in ihren Wohnwagen zu kommen.
Jericho zählte währenddessen die Wolken am Himmel. Als ihm das zu
langweilig wurde, stöhnte er ungeduldig, sah auf seine Armbanduhr
und schloß dann die Augen.
Und wenn Ellen nun doch recht hatte? Wenn das ungute Gefühl,
das ihn schon die ganze Zeit über plagte, gar nichts mit der Klinik
zu tun hatte, sondern ihn einfach nur vor Lanie McDaniel
warnen wollte? Wenn ihm seine innere Stimme zu sagen
versuchte, daß er die Sache beenden sollte, noch bevor sie richtig
angefangen hatte? Ehe diese tödliche Faszination, die sie auf ihn
ausübte, ihn zerstören konnte? Kurz nachdem sie gestern Abend
weggefahren war, hatte er dieses ominöse Gefühl zum erstenmal
verspürt. Und es hatte ihn die ganze Nacht über gequält, was es ihm
fast unmöglich gemacht hatte zu schlafen. Früh in der
Morgendämmerung war er dann aufgestanden, weil er es nicht
mehr ausgehalten hatte.
Er konnte sich nicht trauen. Er durfte es nicht wagen, sich zu trauen.
Ellen hatte recht. Einmal war genug. Wenn er damals rechtzeitig
- 78 -
eingesehen hätte, daß Anelle einfach zu zart und zu zerbrechlich war für
das harte Leben, das sie an seiner Seite erwartete, wäre womöglich alles
anders gekommen.
Nachdenklich rieb er sich das Kinn. Was, zum Teufel, verführte ihn
bloß dazu, zu glauben, daß Lanie stark und robust und zäh genug
wäre, um in diesem Land überleben zu können? Stadtmädchen bleibt
Stadtmädchen. Er hatte sich bereits einmal geirrt.
Wenig später kam Ellen, das Haar vom Duschen noch naß und
einen Becher Kaffee in der Hand, heraus. Er lehnte sich zur
Beifahrertür hinüber und stieß sie auf.
Catherine hatte die Nacht schlaflos auf einem Stuhl sitzend verbracht.
Sie hatte es weder gewagt, die tote Eule vom Bett zu nehmen noch
gar sich hineinzulegen. Quer über ihrem Schoß lag ein dicker Stock,
den sie sich gesucht hatte, um für den Fall, daß sich hier noch immer
jemand herumtrieb, wenigstens nicht ganz wehrlos zu sein.
Als sie einen Wagen vorfahren hörte, stand sie auf. Ihr Rücken
schmerzte höllisch, und ihre Augen brannten.
Als sie aus der Tür ihres Wohnwagens trat, sah Jericho sofort, daß mit
ihr etwas nicht stimmte.
 Was ist los? erkundigte er sich, und seine Stimme klang gepreßt.
 Was ist passiert?
Sie versuchte zu antworten, doch sie brachte keinen Ton heraus. Er
schüttelte sie leicht und ging dann an ihr vorbei in den Wohnwagen.
Catherine folgte ihm. Beim Anblick der Eule blieb er so ruckartig stehen,
daß sie in ihn hineinrannte.
 Sie ist tot , murmelte sie, die Stimme rauh.
Er fluchte.  Was du nicht sagst.
Hinter ihnen waren Schritte auf der Treppe zu hören, und als sie sich
umdrehten, sahen sie Ellen in der Tür stehen. In ihren Augen stand die
blanke Qual.
Die jähe Erkenntnis traf Catherine wie ein Blitzschlag. Ellen liebte
Jericho.
Hatten sie die Nacht miteinander verbracht? Und wenn schon, was
ging es sie, Catherine, an? Der Kuß war ein Test gewesen, wie sie
reagieren würde, nicht mehr. Das hatte er selbst gesagt.
- 79 -
 Was ist los? fragte Ellen.
Jericho deutete auf das Bett. Als Ellens Blicke seinem ausgestreckten
Zeigefinger folgten, wich plötzlich alle Farbe aus ihrem Gesicht. Sie
taumelte ein paar Schritte zurück.
 Was, zum Teufel, geht hier vor? wunderte sich Catherine. Ihr hatte
man den Vogel hingelegt. Warum waren sie dann so erschrocken?
 Ellen, hol eine Schachtel. Jericho nahm Catherine den Stock, den sie
noch immer in Händen hielt, aus der Hand.  Gib her.
Er ging nicht näher an die Eule heran, als er unbedingt mußte.
Dann berührte er sie mit dem Stock und drehte sie herum.  Man hat
sie erschossen.
 Das hätte ich dir gleich sagen können.
 Wie konntest du das denn wissen?
Perplex schaute sie ihn an.  Weil ich sie mir angeschaut habe. Hier...
Sie trat näher und streckte die Hand aus.
 Faß sie nicht an!
Sie schrak zurück. Der Ton seiner Stimme verursachte ihr eine
Gänsehaut.  Ich ... ich verstehe nicht...
Er sah sie an. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte.
 Für die Navajos ist eine Eule ein Todeszeichen. Wenn man von
einer Eule träumt oder nachts eine rufen hört, weiß man, daß
jemand sterben wird, der einem nahe steht. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • gim1chojnice.keep.pl